Gemeinsames Eckpunktepapier zum Bologna-Prozess (4ING, KFBT, BDA/BDI) - 20.03.2014

„Qualität in Ingenieurwissenschaften sichern – Kompetenzen von Absolventinnen und Absolventen transparent machen“
Gemeinsames Eckpunktepapier zum Bologna-Prozess (4ING, KFBT, BDA/BDI)

I. Vorwort
Die Fakultäten und Fachbereiche der Ingenieurwissenschaften und der Informatik an den deutschen Hochschulen streben eine kontinuierliche Qualitätsentwicklung ihrer Studienangebote an. Die Ingenieurausbildung an Technischen Universitäten wie auch an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften berücksichtigt dabei die diversen Anforderungen des internationalen Arbeitsmarktes.
II. Qualität der Abschlüsse sichern: Absolventinnen und Absolventen aller Abschlussniveaus wissenschaftlich und arbeitsmarktrelevant qualifizieren
4ING, KFBT und BDA/BDI setzen sich für einen reibungslosen Übergang der Bachelor- und Master-Absolventinnen und -Absolventen sowie der Promovierten in die Berufstätigkeit ein. Die Unternehmen in Deutschland bieten Ingenieuren/Ingenieurinnen und Informatikern/Informatikerinnen vielfältige Einstiegsmöglichkeiten und Karrierewege. Unterschiedliche Qualifikationsanforderungen finden in den verschiedenen Abschlussniveaus und Ausbildungsprofilen eine sinnvolle Entsprechung. 4ING, KFBT und BDA/BDI setzen sich dafür ein, dass sich der Bedarf der Wirtschaft in einem entsprechenden qualitätsgesicherten Angebot an anwendungs- und forschungsorientierten Bachelor- und Masterstudienplätzen an den beiden Hochschultypen widerspiegelt. Forschungsorientierte Studiengänge messen der mathematische Durchdringung der Lerninhalte ein hohes Gewicht zu. Bei anwendungsorientierten Studiengängen steht die Umsetzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse im Vordergrund. Die Praxisorientierung ist bei allen Ingenieurstudiengängen gegeben.
Im Bachelorstudium werden alle Kompetenzen angelegt, die von Ingenieuren/Ingenieurinnen und Informatikern/Informatikerinnen erwartet werden. 4ING, KFBT und BDA/BDI erachten als typische Kompetenzprofile für Bachelor-Absolventinnen und -Absolventen nach Abschluss eines Studiums der Ingenieurwissenschaften oder Informatik an dem jeweiligen Hochschultyp, dass sie
– über ein breites und nach Studiengangstyp differenziertes Wissen und Verstehen der mathematischen, natur- und fachwissenschaftlichen Grundlagen verfügen, das sie in Teilbereichen exemplarisch vertieft haben und auch in einen breiteren gesellschaftlichen Kontext einordnen können,
– sich der Schnittstellen zu benachbarten und für ihre Fachdisziplin wichtigen Wissensgebieten bewusst sind und ihr Wissen unter Berücksichtigung insbesondere sicherheitstechnischer, wirtschaftlicher, rechtlicher, sozialer, ethischer und ökologischer Erfordernisse verantwortungsbewusst anwenden und selbstständig vertiefen können,
– die zentralen wissenschaftlichen Methoden ihrer Fachdisziplin anwenden können, um auftretende, auch neuartige Probleme zu erkennen, zu analysieren und ganzheitlich zu lösen, und in der Bachelorarbeit bereits ein forschungs- bzw. anwendungsorientiertes Thema bearbeitet und weiterentwickelt haben,
– die typischen beruflichen Tätigkeiten von Ingenieuren/Ingenieurinnen bzw. Informatikern/Informatikerinnen ihrer Fachdisziplin überschauen und mit ihrem Fach- und Methodenwissen in Verbindung bringen,
– über die für einen funktionierenden Arbeitsablauf notwendigen praktischen Fähigkeiten wie z. B. Arbeitstechniken, Zeitplanung, Team- und Kommunikationsfähigkeit verfügen sowie Prozesse und Tätigkeiten sachgerecht dokumentieren, 3
– mit Fachkolleginnen und Fachkollegen allgemeine Trends ihrer Disziplin diskutieren und daraus Chancen und Herausforderungen für ihr Tätigkeitsfeld ableiten,
– in interdisziplinären Teams ihre fachliche Perspektive verständlich machen und die damit verbundenen Anliegen erklären, zugleich aber auch die Perspektiven anderer Disziplinen zu ihrer eigenen in Beziehung setzen und einen Beitrag zu einer Gesamtlösung leisten,
– ihren eigenen Wissensstand und ihr Kompetenzniveau einschätzen, zu ihrer beruflichen Tätigkeit in Verbindung setzen und Wege einer fachlichen und beruflichen Weiterentwicklung beschreiben und beschreiten können.

Der Master ist eine Fortbildung von Ingenieuren/Ingenieurinnen und Informatikern/Informatikerinnen sowie Absolventinnen und Absolventen verwandter Fachrichtungen, die eine Vorbildung in unterschiedlichen Ausbildungskulturen und -profilen erfahren haben. Dementsprechend werden in einem Masterstudium die o. g. Kompetenzen gemäß dem Profil des Studienganges vertieft und verbreitert. Absolventinnen und Absolventen zeichnen sich durch eine stärkere fachliche Spezialisierung in Forschung oder angewandter Entwicklung aus. Sie haben ein ausgeprägtes Verständnis für die gesellschaftliche Einbettung der beruflichen Tätigkeit als Ingenieur/Ingenieurin bzw. Informatiker/Informatikerin und zeichnen sich durch eine Vertiefung des fachlichen und Methodenwissens und eine größere Eigenständigkeit bei der Arbeit aus. In forschungsorientierten Masterstudiengängen steht dabei die Erarbeitung erkenntnisorientierter Forschungsmethoden und ihre Umsetzung im Vordergrund, in anwendungsorientierten Masterstudiengängen die kreative Entwicklung und Applikation. Die Kompetenzprofile der Absolventinnen und Absolventen auf Master-Ebene sind gekennzeichnet durch die Fähigkeit,
– komplexe, ungewöhnliche und unvollständig definierte Probleme zu formulieren, zu abstrahieren, wissenschaftlich zu analysieren und – ggf. unter Beteiligung anderer Disziplinen oder Anwendung innovativer Methoden – zu lösen,
– neue wissenschaftliche Methoden zu entwickeln bzw. kreativ anzuwenden,
– neue Werke, Produkte, Prozesse und Methoden zu entwickeln,
– ihr wissenschaftliches Urteilsvermögen als Ingenieure/Ingenieurinnen oder Informatiker/Informatikerinnen anzuwenden, um in der Ausübung typischer beruflicher Tätigkeiten mit komplexen und möglicherweise unvollständigen Informationen zu arbeiten, Widersprüche zu erkennen und mit ihnen umzugehen,
– Projekte zu akquirieren, zu planen, abzuwickeln sowie deren Kosten zu planen und nachzuhalten,
– im Team zu arbeiten und zu interagieren.

Die Promotion zum Doktor-Ingenieur oder. zum Doktor rer. nat. setzt in der Regel einen Master-Abschluss in einer Ingenieurwissenschaft bzw. der Informatikoder einer benachbarten Naturwissenschaft voraus.
Ingenieuren/Ingenieurinnen und Informatikern/Informatikerinnen wird mit ihrer Promotion ein tiefes systematisches Verständnis ihres Fachs attestiert. Promovierte Ingenieure/Ingenieurinnen oder Informatiker/Informatikerinnen sind in der Lage, eigenverantwortlich
– neue und komplexe Prozesse und Systeme zu entwickeln, zu modellieren, zu simulieren und zu implementieren,
– Erkenntnisse ihres Fachs mit Fachkolleginnen und Fachkollegen zu diskutieren, vor akademischem und internationalem Publikum vorzutragen und damit den Kontakt zur internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft zu pflegen sowie auch Laien zu vermitteln,
– andere Personen fachlich zu unterweisen und anzuleiten,
– interdisziplinär und international zusammengesetzte Teams zu führen.

III. Fachliche, methodische und Schlüsselkompetenzen integriert entwickeln
4ING, KFBT und BDA/BDI begrüßen die Kompetenzorientierung in den Bereichen Lernen, Lehren und Prüfen. Schlüsselkompetenzen werden in den Ingenieurwissenschaften und in der Informatik verbunden mit den fachlichen und methodischen Kompetenzen erworben. Diese
Kopplung ist in den Modulbeschreibungen dargestellt. Die Lehrenden verwenden Prüfungsformen, die alle diese Kompetenzen erfassen und bewerten.

IV. Weiterbildung ausbauen
Lebenslanges Lernen ist ein zentraler Punkt in der Lebensgestaltung von Ingenieuren/Ingenieurinnen und Informatikern/Informatikerinnen und Voraussetzung für erfolgreiche Berufsverläufe. Die Hochschulen betrachten ein bedarfsgerechtes Angebot weiterbildender Kurse und Studiengänge als ihren Beitrag zum lebenslangen Lernen. Der Bedarf an Weiterbildungsangeboten wird angesichts der Fortentwicklung der Gesellschaft zu einer Wissensgesellschaft und der längeren Lebensarbeitszeit in Zukunft noch erheblich steigen, so dass das bestehende Angebot weiter ausgebaut werden muss. 4ING, KFBT und BDA/BDI fordern Bund und Länder auf, die Entwicklung und Erprobung neuer Konzepte und Angebote der Weiterbildung auskömmlich zu finanzieren. Langfristig werden sich erfolgreiche Weiterbildungsangebote in der Durchführung selbst tragen. 4ING, KFBT und BDA/BDI werden sich weiter über Anforderungen der Wirtschaft an die ingenieurwissenschaftliche Weiterbildung
und mögliche Modelle einer für alle Seiten ertragreichen Zusammenarbeit austauschen. 4ING, KFBT und BDA/BDI stellen fest, dass neben den erforderlichen Rahmenbedingungen auch der Inhalt der Weiterbildungsangebote den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen Rechnung tragen muss. 4ING, KFBT und BDA/BDI sehen daher einen Bedarf an neuartigen Master-Studiengängen, die neben technischem Fachwissen auch ManagementKompetenzen fördern und somit verstärkt auf Führungsaufgaben vorbereiten.